Das Gefühl ein Opfer zu sein
Vor einigen Wochen habe ich eine alte Bekannte wiedergetroffen, die ich lange Zeit nicht gesehen hatte. Sie erzählte mir, dass sie total unzufrieden in ihrem Job sei, und dass sie ihr derzeitiges Unternehmen verlassen wird. Sie war ärgerlich, weil sie immer wieder mit ihren Ideen beim Management gescheitert ist. Kollegen hätten ihr außerdem die besten Ideen geklaut und sind damit auf ihre Kosten erfolgreich geworden. Sie fühlte sich verletzt und als Mensch nicht wahrgenommen, weil keiner ihre “Ideen versteht” und niemand ihre “Fähigkeiten anerkennt”.
Die Anderen sind Schuld
- Für sie waren alle anderen Schuld; sie selbst aber war das Opfer.
- Sie war sehr verletzt und sehnte sich nach Trost.
Manchmal ist es sehr wichtig und notwendig das gefühlte Leid eines Menschen anzuerkennen (unabhängig davon ob man es als angemessen empfindet) und Trost zu spenden, bevor man versucht Lösungen anzubieten. Ich habe mich also in sie und in ihre Situation hineinversetzt und diese so auch wertschätzen und mich verständnisvoll zeigen können. Spannenderweise führte das nirgendwo hin.
Also wechselte ich die Strategie und konfrontierte sie mit meinem Eindruck, dass in ihrem Bericht alle Schuld waren außer ihr. Ich fragte sie wo ihr Anteil an ihrem Scheitern war? Warum sie das Vertrauen des Managements nicht erlangen konnte und warum ihre Kollegen mit „ihren“ Ideen mehr Gehör fanden. Diese Konfrontation brachte sie zwar etwas aus der Fassung und auch kurz zum Nachdenken. Aber generell scheiterte der Versuch genauso wie der Erste.
Eigenverantwortung oder Aufgabe von Führung?
Ich hörte ihr also aus Höflichkeit noch etwas weiter zu, dachte aber in mir schon darüber nach warum sie so in ihrer selbst erschaffenen Opferhaltung feststeckt. Dieses Missachten der Verantwortung für die eigene Situation war für mich skurril. Ich frage mich, wie es guten Führungskräften gelingen kann die Menschen die innerlich bereits gekündigt haben wahrzunehmen und ihnen entweder einen Weg aus der Opferhaltung oder aus dem Unternehmen zu bereiten, damit diese wieder positiv denken und neue Kraft schöpfen zu können.
Was denkt ihr? Schreibt mir eure Meinung!